Zitat aus dem Roman: Sie werden daher verstehen, Janis, dass wir Sie leider nicht freisetzen und schon gar nicht nach Hause gehen lassen können, selbst wenn wir wüssten, wo das ist. Aber Sie müssen deswegen nicht verzagen. Sie sind für uns trotzdem von großem Wert und diesen Wert wollen wir mit einem bedeutenden, in Haalmsloch noch nie da gewesenen Event würdigen. Sie werden es nicht bereuen. Prominenz aus Politik und Kultur wird diesem Ereignis beiwohnen. Das alles nur für Sie. Wegen Ihnen. Wir werden Ihnen quasi ein Denkmal setzen. Sie, und wer kann das schon ruhigen Gewissens von sich behaupten, werden Ihr Leben für eine wirklich gute Sache geben.
Zitat aus dem Roman: Fast schwerelos wand sie ihren Körper um die dünne Säule, endlose Pirouetten, mal mit angezogenen Beinen, mal weit zum Spagat gespreizt. Dabei warf sie gekonnt ihre blonde Mähne in den Nacken und ihren Blick schmachtend zum Himmel. Es schien, als trotzte sie allen physikalischen Gesetzen, wenn sie ihre Extremitäten horizontal, vertikal oder gar kopfüber auseinanderfaltete und sich an der Stange langsam nach unten gleiten ließ. Besonnene Bürger hätten sich vielleicht um ihre Gesundheit besorgt gezeigt oder wenigstens um die Standhaftigkeit ihres Korsetts. Doch die Männer von Haalmsloch glotzten nur und sabberten.
Zitat aus dem Roman: Auf einem Beistelltisch lagen metallische Werkzeuge bereit und warteten, wie chirurgisches Besteck, auf die nächste geplante Operation. Ein Schrank vollgepackt mit Präparaten missgebildeter Embryos, vermutlich aus dem Narrenturm gestohlen. In der Mitte des Raumes eine Trage, wie sie bei der Rettung Verwendung findet. An ihrer Seite hingen vier Lederriemen, damit man einen rabiaten Patienten an Händen und Füßen fesseln konnte. Den Landauer schauderte es. Obwohl er schon viele extreme Dinge gesehen hatte, fragte er sich dennoch, was der van Helsinger hier trieb? Besser man wusste es nicht.
Zitat aus dem Roman: Es dauerte eine kleine Ewigkeit, weil der kranke Mann kürzere Schritte machte als eine Geisha, er aber nach jedem einzelnen einen ausgedehnten Erholungsurlaub benötigte, ehe der nächste Zentimeter in Angriff genommen werden konnte. Fred stand ihm dabei geduldig zur Seite wie eine überdimensionale Krankenschwester. Vermutlich rechnete er seine Dienste nach Stunden ab. Der Landauer ließ sich mit einem tiefen Seufzer in den Ohrensessel fallen. Er nahm an die tausend gurgelnde Züge aus der Plastikmaske, ehe er endlich wieder sprechen konnte.
Zitat aus dem Roman: »Wie heißt du eigentlich?« Herb versuchte, die Zeit mit einer kleinen Konversation in den Griff zu bekommen. Der Leibwächter dachte lange über die Frage nach. Vielleicht hatte er seinen echten Namen bereits vergessen, weil er so viele nette Kosenamen gewohnt war. Riesenbaby, Gorilla, Troll. Irgendwann, als es noch nicht absehbar war, was aus ihm werden würde, saugte wohl sogar er an der Brust einer liebenden Mutter. Und noch voller guter Hoffnungen für seine Zukunft, hatte ihm diese sicher auch einen netten Namen verpasst. Einen, der ihn in ein gutes, erfolgreiches Leben führen und sie einmal stolz machen würde.
Zitat aus dem Roman: »Gibt es diese Agentur schon lange?« Janis hatte ein neues Ziel für ihren Spott. »Entweder haben Sie in Good Intention City noch viel Arbeit vor sich, oder Ihre Techniken sind nicht eben sehr erfolgreich!« »Nicht jeder hat den Mut, sich seinen Ängsten zu stellen.« Ociwon nahm den Ball gerne auf und spielte ihn gekonnt zurück. »Andere, wie Sie zum Beispiel, haben gar keine andere Wahl. Sie sind auf der Suche nach einem Geheimnis. Dem Geheimnis schlechthin. Jeder aus anderen Motiven, mehr oder weniger freiwillig und doch untrennbar miteinander verbunden.«
Zitat aus dem Roman: Der Sauköpfige (Choirokephale) Schweinehund: Hundekörper mit Saukopf. Er ist zäher als der Hundsköpfige. Das Gewicht seines Saukopfes ist seine Schwäche, denn er kann damit kaum die Balance halten. Sein Blick ist gemein, wie sein Charakter. Erwischt er dich, frisst er dich. Gründlich. Samt Kleidung, Knochen und allen Spuren deiner Existenz. Noch nie ist jemand lebend von einer Begegnung mit dem Sauköpfigen zurückgekehrt. Merke: Beide Arten haben nicht gelernt, Milde walten zu lassen. Verschwende also keine Zeit mit Unterwerfungsgesten. Sie würden es nicht verstehen.
Zitat aus dem Roman: Plötzlich drängte ihn das wilde Verlangen, aus dem Gefängnis seiner Hemmungen auszubrechen und Janis seine Gefühle einzugestehen. Doch er wagte es nicht einmal, seinen Arm um ihre Schultern zu legen. In Kenneths Blutbahnen tobte eine wilde Schlacht zwischen den Testosteron-Armeen des Südens und den Engeln der Tugend aus dem hohen Norden. Die Engel fochten auf Teufel komm raus für die gute Sache. Trotzdem schien sich das Schlachtenglück von ihnen abzuwenden und den Rittern der Lust freie Bahn gewähren zu wollen, die Trutzburg des Anstands zu erstürmen.
Zitat aus dem Roman: Man stelle sich das mal vor. Erst kriecht dir ein Käfer ins Ohr, du zerstichst dir selbst das Trommelfell, die monatliche Stütze geht dir flöten, weil du von einem chinesischen Neujahrsdrachen in die Irre geführt wirst, dann schickt dich ein klassischer Epi auf den dreckigen Boden eines dreckigen Cafés und am Ende wollen alle nur von dir wissen, was du während dieses Anfalls genau gesagt hast, obwohl dein Bewusstsein gerade auf Grund gelaufen ist. Und sie nehmen dir noch nicht einmal den Beißkeil aus dem Mund.
Zitat aus dem Roman: Sie fuhr sich mit den Händen ins Haar und formte es über dem Kopf zu einem Zopf, sodass ihr Hals frei sichtbar war.»Hier wollen diese Mörder also reinschneiden. Zur Belustigung und weil es Zuchtwerkers Karriere dient.« Sie ließ ihr Haar wieder auf die Schultern fallen. »Aber so leicht wird das nicht werden, lieber HG. Wir werden uns nicht so einfach ergeben. Wer oder was auch immer wir vorher waren, wir unterwerfen uns nicht, wir kämpfen!« Es schien ihr, als hätte sie endlich eine Verbündete gefunden. Ihr Spiegelbild hob eine Hand und ballte sie zu einer Faust, um den Bund zu beschwören.
Michael Haderer wurde 1965 im österreichischen Linz an der Donau geboren. Ab Anfang der neunziger Jahre regelmäßige Veröffentlichung von Texten zu Musik, Kunst- und Architektur. Seit 1996 selbständiger Grafiker und Illustrator und Erfinder ungewöhnlicher Geschichten. Er zeichnet, schreibt und lebt vorwiegend in Wien.
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